Restaurierung von Pastellen

Pastelle – eine Herausforderung?

Zur Restaurierung empfindlicher Malschichten

Besonderheit der Pastelle

Pastelle sind eine Besonderheit in der Grafik-Restaurierung. Sie zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass der Bindemittelanteil der Farbe verschwindend gering ist. Die Pigmente liegen relativ lose auf dem Untergrund auf – das macht die Malerei leicht verletzlich. Verluste scheinen fast vorprogrammiert.

Pastelle finden sich auf verschiedenen Trägermaterialien: gespanntes Pergament, raues Papier, Karton, Pappe oder auch Holz. Die Vielfalt der Untergründe verlangt jeweils eine angepasste Vorgehensweise.

Typische Schäden

Pastelle sind besonders empfindlich – aber viele Schäden ähneln denen, die bei Arbeiten auf Papier oder Pappe generell auftreten:

Risse und Fehlstellen: abhängig vom Trägermaterial – Pergament, Karton, Papier oder Holz reagieren unterschiedlich auf Belastung und Alterung

Farbverluste: durch Kratzer, Wischspuren, Abplatzungen

Verschmutzung: besonders bei offenen Oberflächen ohne Schutz

Vergrauung: durch Staub, Luftfeuchtigkeit, fehlende Verglasung

Schimmelbefall: bei ungünstiger Lagerung oder klimatischen Bedingungen

Restaurierung von Zeichnungen, Aquarellen, Pastellen und Malerei
Pastell vor der Restaurierung, Schimmelausblühungen

Restaurierung mit Maß

Die Restaurierung von Pastellen erfordert besondere Vorsicht – und ein Bewusstsein für die Grenzen des Machbaren. Ziel ist der Erhalt der Malschicht, doch leichte Pigmentverluste können nie ganz ausgeschlossen werden. Die Kreide liegt oft so lose auf, dass selbst minimale Berührungen zu Veränderungen führen können.

Keine Feuchtigkeit: Der Untergrund muss trocken bleiben. Feuchtigkeit kann zu Fleckbildungen, Wasser- oder Schmutzrändern führen, die sich später kaum entfernen lassen. Sie kann außerdem die Bindung von Verschmutzungen an der Oberfläche verstärken und zu Farbvertiefungen führen – ein Risiko, das es unbedingt zu vermeiden gilt.

Mechanische Reinigung: Verschmutzungen werden vorsichtig und ohne Druck entfernt – oft mit einem feinen Pinsel oder anderen weichen Werkzeugen. Jeder Schritt erfolgt mit Blick auf die Stabilität der Malschicht.

Verklebungen: Risse und Brüche können von der Rückseite stabilisiert werden. Entscheidend ist die Auswahl des Klebemittels: Es muss alterungsbeständig sein und so zusammengesetzt, dass es nicht durchschlägt. Konsistenz, Lösemittel und Auftragstechnik werden individuell abgestimmt – hier liegt ein zentraler Teil meiner restauratorischen Verantwortung.

Retusche: Sie bildet den Abschluss der Maßnahme – zurückhaltend und nur dort, wo sie dem Verständnis oder Schutz des Originals dient. In der Regel erfolgt die Retusche mit Pastellkreiden, um Materialverträglichkeit und optische Nähe zur Originaltechnik zu gewährleisten. Nie zur Überdeckung oder Täuschung.

Restaurierung von Zeichnungen, Aquarellen, Pastellen und Malerei
Pastell vor der Restaurierung: Bruch in der Mitte
Restaurierung von Zeichnungen, Aquarellen, Pastellen und Malerei
Pastell nach der Restaurierung: Die Veränderung ist deutlich sichtbar – die Verklebung stabilisiert das Objekt und ist erkennbar, wenn man gezielt hinschaut. Für unbeteiligte Betrachter:innen tritt sie im Gesamtbild zurück.

Dokumentation

Die gezeigten Fotos stammen aus der Restaurierungsdokumentation. Der Umfang der Dokumentation wird individuell abgestimmt – in der Regel beschränke ich mich auf das Wesentliche, um den Aufwand in einem sinnvollen Rahmen zu halten.

Haltung und Grenze

Retusche erfolgt nur dort, wo sie dem Verständnis oder Schutz des Originals dient – nie zur Überdeckung oder Täuschung. Pastelle fordern Geduld – und manchmal auch Demut. Nicht alles lässt sich retten, aber vieles lässt sich bewahren.

Lagerung und Schutz

Pastelle sollten grundsätzlich hinter Glas gerahmt werden – nicht hinter Acrylglas, da dieses durch statische Aufladung Farbpartikel anziehen kann. Abstandshalter sind nicht optional, sondern unverzichtbar – sie schützen die empfindliche Malschicht vor direktem Kontakt mit dem Glas.

Für ungerahmte Arbeiten gelten besondere Vorsichtsmaßnahmen:

  • Lagerung in Mappen oder flachen Schubladen
  • Keine Reibung: unbedingt vermeiden, dass Blätter übereinander geschoben werden
  • Kein Druck auf die Malfläche: möglichst frei liegend oder mit sehr glattem Seidenpapier abgedeckt
  • Waagerechter Transport: Pastelle sollten möglichst flach transportiert werden – Erschütterungen im Hochformat können zu Farbverlusten führen
  • Klima beachten: direkte Sonneneinstrahlung, hohe Luftfeuchtigkeit und starke Temperaturschwankungen sind grundsätzlich zu vermeiden – das gilt für alle Arbeiten auf Papier

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